Umdenken bei Energiewende

Gaskraftwerke gegen Dunkelflauten – Neue Prioritäten in der Energiepolitik
Mai 2025 – Wirtschaftsministerin Katherina Reiche warnt vor wochenlangen Dunkelflauten und will mit einem massiven Ausbau von Gaskraftwerken gegensteuern. Doch Fachleute bezweifeln die Dramatik der Bedrohung – und kritisieren eine energiepolitische Kehrtwende zulasten von Innovation und Klimaschutz.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche hat eine Neuausrichtung der Energiewende angestoßen, bei der Dunkelflauten – also Zeiträume mit geringer Wind- und Solarstromerzeugung – als zentrales Risiko hervorgehoben werden. Um die Versorgungssicherheit auch bei wenig erneuerbarer Einspeisung zu gewährleisten, sollen bis 2030 bis zu 40 neue Gaskraftwerke gebaut werden. Reiche verweist auf die Gefahr von wochenlangen Dunkelflauten und betont die Notwendigkeit „gesicherter Leistung“. Gleichzeitig setzt sie auf Technologien zur CO2-Abscheidung (CCS/CCU), um fossile Lösungen klimakompatibel erscheinen zu lassen.
Kritiker bezweifeln jedoch sowohl die Notwendigkeit als auch die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen. Studien, unter anderem des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), zeigen, dass Dunkelflauten in Deutschland durchschnittlich nur zwei- bis dreimal im Jahr auftreten und meist nicht länger als acht Tage dauern. Selbst die längste Dunkelflaute seit Jahrzehnten, im November 2024, hielt lediglich elf Tage an. Die Bundesnetzagentur betont zudem, dass trotz solcher Phasen bislang keine Stromengpässe entstanden sind.
Der Fokus auf Gaskraftwerke und importiertes Gas wird daher als energiepolitische Rückwärtsrolle gewertet. Statt bestehende Probleme wie fehlende Speicher, ineffiziente Lastmanagement-Systeme oder ungenutzte Einsparpotenziale anzugehen, droht eine einseitige Abhängigkeit von fossilen Lösungen. Die Diskussion offenbart einen grundlegenden Zielkonflikt zwischen kurzfristiger Versorgungssicherheit und der langfristigen Transformation zu einem klimaneutralen Energiesystem. Reiches Strategie weckt Zweifel, ob sie der Komplexität der Energiewende gerecht wird – oder sie vielmehr unnötig bremst.
Titelfoto: GuD-Kraftwerk in Hamm-Uentrop (Creative Commons Attribution 3.0 Unported license)