Wird die „Deutsche Energiewende“ gelingen?

Leserbrief
Zum Artikel „Niedersachsen kritisiert Plan für mehr Gaskraftwerke“ vom 23. Juni 2025 – Schaumburger Nachrichten.
Gedruckt: Schaumburger Nachrichten und Schaumburger Zeitung – 28. Juni 2025.
Der im Artikel beschriebene Disput zwischen Bundeswirtschaftsministerin Reiche (CDU) und Landesumweltminister Meyer (Grüne) über den Bau neuer Gaskraftwerke offenbart symptomatisch die tiefen Risse im Fundament der deutschen Energiewende. Während sich die Politik in Widersprüchen verliert, schwindet bei immer mehr Bürgern, die sich kritisch mit der Thematik auseinandersetzen, die Akzeptanz für dieses milliardenschwere Projekt.
Das Kernproblem wird oft verschwiegen: Windkraft und Photovoltaik sind nicht grundlastfähig. Sie können also keine konstante Stromversorgung garantieren. Es ist egal, wie viele Windräder und Solaranlagen wir bauen. Es gibt keinen Strom bei einer Dunkelflaute. Die daraus resultierende Unsicherheit muss durch teure Backup-Systeme und Netzeingriffe ausgeglichen werden. Wie der WELT-Chefreporter Axel Bojanowski treffend bemerkte, fokussiert sich die Debatte auf die günstigen Erzeugungskosten, verschweigt aber die wahren Systemkosten, um Strom verlässlich zu jeder Zeit bereitzustellen.
Die Realität untermauert die Skepsis: Im ersten Quartal 2025 wurde erstmals seit zwei Jahren wieder mehr Strom aus fossilen Energien erzeugt als aus Erneuerbaren – der Grund war vor allem zu wenig Wind. Deutschland, ein Land, das global betrachtet eher dunkel und abseits der Küsten windarm ist, macht sich von den unzuverlässigsten Energiequellen abhängig. Den deutschen „Sonderweg“, der zeitgleiche Ausstieg aus Kernkraft und fossilen Energien, will international niemand kopieren, was auch nachvollziehbar ist. Im Gegenteil: Die schwedische Energieministerin macht Deutschlands Politik direkt für explodierende Strompreise in ihrem Land verantwortlich, da wir bei Engpässen auf massive Importe angewiesen sind.
Hinzu kommen weitere, kaum diskutierte Herausforderungen. Eine Studie des Geologischen Dienstes Finnlands (Simon P. Michaux) warnt vor dem gigantischen Rohstoffbedarf für „grüne“ Technologien, der die globalen Reserven sprengen und den Bergbau massiv ausweiten könnte. Gleichzeitig dokumentiert die Wissenschaft das Phänomen des „Wind Stilling“, eine systematische Abnahme der Windgeschwindigkeiten, welche die Effizienz von Windkraftanlagen langfristig bedroht.
Besonders nachdenklich stimmt der Widerspruch in den Aussagen von Herrn Minister Meyer. Er behauptet, Niedersachsen habe ein „Überangebot“ an erneuerbarem Strom und brauche keine fossilen Reserven. Gleichzeitig treibt seine Landesregierung die Novellierung der Raumordnung voran, die den Bau von Windrädern selbst in wertvollen historischen Wäldern und Mooren ermöglichen soll. Dies ist ein Tabubruch, der die Glaubwürdigkeit der Politik untergräbt und die Akzeptanz für die Energiewende weiter zerstört.
Ich appelliere daher an die Verantwortlichen, die realen Probleme nicht länger zu ignorieren und ihre ideologischen Scheuklappen abzulegen. Anstatt unsere letzten Naturräume für eine Energiewende zu opfern, deren Gelingen mehr als fraglich ist – was die umstrittenen Planungen für zehn Windkraftanlagen im Auetal nahe des Naturschutzgebiets Hohenstein beispielhaft zeigen –, sollten die Politiker innehalten. Es ist höchste Zeit für eine ehrliche und ergebnisoffene Neubewertung der gesamten Strategie.
Manfred Bartsch
Lauenau
