Windkraft kontra Vogelschutz

Windkraft kontra Vogelschutz: Ein Weckruf für die Energiewende
Ein Dilemma zwischen Klimaschutz und Artenvielfalt
Windkraftanlagen sind eine tödliche Gefahr für viele unserer heimischen Brutvögel. Mit ihren tonnenschweren Rotorblättern fordern sie einen hohen Preis: Immer wieder werden seltene Arten wie Rotmilan oder Schreiadler Opfer der Kollisionen. Eine aktuelle Studie der Deutschen Wildtier Stiftung zeichnet ein alarmierendes Bild: Zahlreiche Windkraftanlagen stehen nicht nur in unmittelbarer Nähe, sondern sogar innerhalb von ausgewiesenen Vogelschutzgebieten.
Schockierende Ergebnisse der Untersuchung
Das Büro „Schreiber Umweltplanung“ hat die Vogelschutzgebiete des deutschen Festlands untersucht, die speziell zum Schutz besonders kollisionsgefährdeter Arten eingerichtet wurden. Das Ergebnis ist ein Weckruf: Fast 500 Windkraftanlagen stehen mitten in diesen Schutzgebieten, und 60 Prozent aller Gebiete liegen innerhalb des gesetzlich festgelegten Prüfbereichs. Mit anderen Worten: Die meisten unserer wertvollsten Rückzugsorte für gefährdete Vogelarten sind von Windrädern umzingelt.
Schutz nur auf dem Papier?
Das Bundesnaturschutzgesetz schreibt eigentlich strenge Prüfbereiche um Windkraftanlagen vor. Je näher eine Anlage am Brutplatz liegt, desto größer müssten die Schutzmaßnahmen sein – bis hin zur Stilllegung. Doch in der Praxis sieht es anders aus: Selbst im sogenannten Nahbereich, der für den Rotmilan 1.000 Meter umfasst, werden regelmäßig Ausnahmen zugelassen. Das bedeutet: Der Schutz der Vögel endet dort, wo er wirtschaftlich unbequem wird – und das Tötungsrisiko bleibt bestehen.
Mahnung der Deutschen Wildtier Stiftung
„Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist wichtig, darf aber nicht auf Kosten der Artenvielfalt geschehen“, warnt Dr. Andreas Kinser von der Deutschen Wildtier Stiftung. „Unsere Studie zeigt klar: Der Artenschutz wird beim Ausbau der Windkraft viel zu oft übergangen.“ Besonders brisant: Alle 15 vom Gesetzgeber als kollisionsgefährdet eingestuften Vogelarten sind betroffen. Und selbst diese Liste ist unvollständig – viele weitere Arten wie Uferschnepfe oder Schwarzstorch fallen durch das Raster.
Rechtslage und Forderungen
Viele Genehmigungen für Windkraftanlagen hätten nach europäischem Naturschutzrecht niemals erteilt werden dürfen. Dennoch behalten sie aus Gründen der Rechtssicherheit Bestand. Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert deshalb dringend nachträgliche Abschaltauflagen für Anlagen in zentralen Prüfbereichen, angepasst an Brut- und Zugzeiten. Langfristig müsse das Ziel sein, alle Windräder abzubauen, die im Nahbereich von Schutzgebieten mit kollisionsgefährdeten Arten stehen. Betroffen wären weniger als zwei Prozent aller Anlagen – ein überschaubarer Schritt mit enormer Wirkung für den Artenschutz.
Ein Appell für die Zukunft
Die Energiewende darf nicht zum Artensterben beitragen. Wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will, ohne die Biodiversität aufs Spiel zu setzen, braucht es klare Regeln, konsequente Prüfungen und den Mut, kritische Standorte stillzulegen. Die Botschaft der Studie ist eindeutig: Nur wenn Klimaschutz und Artenschutz gemeinsam gedacht werden, bleibt unsere Natur lebendig.
Eine Lang- und eine Kurzfassung der Studie sowie Infografiken zu den wichtigsten Ergebnissen stehen als Download zur Verfügung.
Titelfoto: Gundula Vogel auf pexels.com