Versorgungssicherheit statt Wunschdenken
Leserbrief
Zum Artikel „Reiche will bezahlbare Energiewende“ vom 16. September 2025.
Gedruckt: Schaumburger Nachrichten und Schaumburger Zeitung – 20. September 2025.
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche verdient Anerkennung dafür, dass sie endlich ausspricht, was viele Bürgerinnen und Bürger seit Jahren beobachten: Die Energiewende kann nur gelingen, wenn Versorgungssicherheit, Verlässlichkeit und Bezahlbarkeit an erster Stelle stehen.
Seit Jahren wurden wir mit politischen Heilsversprechen über ein „grünes Wirtschaftswunder“ vertröstet, während gleichzeitig sichere und günstige Grundlastkraftwerke abgeschaltet wurden. Reiche benennt diese Fehlentwicklungen klar – und fordert stabile, steuerbare Kraftwerke als Rückgrat der Stromversorgung.
Umso irritierender sind die Reaktionen der bekannten Klima- und Lobbyorganisationen. Die Stiftung Klima-Wirtschaft, Agora Energiewende und andere versuchen die Debatte sofort wieder in Richtung eines beschleunigten Ausbaus von Wind und Solar zu lenken – gepaart mit Forderungen nach Smart Metern, die angeblich Versorgungslücken schließen sollen.
Ein aktuelles Beispiel liefert Philipp Schröder, Chef von 1Komma5Grad. Er behauptet, man könne durch flächendeckende Smart Meter und Lastverschiebung 20 Gigawatt Flexibilität schaffen – das entspricht dem kompletten Haushaltsverbrauch in Deutschland. Mit anderen Worten: Stromabschaltungen nach Bedarf. Das ist keine „intelligente Energiewende“, das ist eine zentral gesteuerte Verbrauchslenkung.
Noch gravierender ist Schröders Vorschlag, Batterien und Elektroautos als Speicher zu nutzen. Diese können Dunkelflauten von mehreren Tagen jedoch nicht überbrücken. Sie speichern nur, erzeugen aber keinen Strom. Schon heute müssen wir in Phasen ohne Wind und Sonne 85 Gigawatt zusätzlich beschaffen – das übersteigt die gesamte deutsche Spitzenlast des letzten Jahres. Ohne steuerbare Kraftwerke wie Gaskraftwerke oder Kohlekraftwerke ist das schlicht unmöglich.
Die Wahrheit ist unbequem: Eine sichere Stromversorgung kostet Geld und erfordert regelbare Kraftwerke. Reiche hat den Mut, dies auszusprechen und Subventionen systematisch zu streichen. Das ist kein „Angriff auf die Erneuerbaren“, sondern eine Rückkehr zur Vernunft: marktgerechte Preise, sichere Versorgung, weniger Subventionen, weniger Bürokratie.
Anstatt Haushalte mit Smart Metern zu überwachen, um das Ganze zwangsweise „flexibel“ zu machen, brauchen wir ein ehrliches Bekenntnis zur Versorgungssicherheit. Dazu gehört auch, die Stilllegung von Kohlekraftwerken kritisch zu hinterfragen sowie eine Rückkehr zur Nutzung bestehender Anlagen oder eine Verlängerung der Restlaufzeiten zu prüfen, bis ausreichend neue, verlässliche Kapazitäten und Systeme verfügbar sind.
Eine Energiewende, die zu Deindustrialisierung, Blackout-Risiko und explodierenden Strompreisen führt, ist keine Erfolgsgeschichte. Es ist höchste Zeit, den Kurs zu korrigieren – und genau das hat Ministerin Reiche getan. Dafür verdient sie Unterstützung, nicht ideologische Gegenkampagnen.
Manfred Bartsch
Lauenau
Kritik aus Bückeburg
Die Reaktion zweier Herren aus Bückeburg auf den Leserbrief (§ 51 UrhG – Zitatrecht; Wiedergabe wie gedruckt – Schaumburger Nachrichten vom 27.09.2025 und Schaumburger Zeitung vom 30.09.2025):
Nachplappern macht’s nicht richtiger
Zum Leserbrief „Versorgungssicherheit statt Wunschdenken“ vom 20. September.
Der Leserbrief von Herrn Bartsch arbeitet mit bekannten Angstszenarien. Schon heute liefern Wind, Sonne und Wasser den größten Teil unseres Stroms, andernorts bereits wochenlang 100 Prozent der Last. Smart Meter bedeuten keine Abschaltungen, sondern helfen beim Sparen und Steuern. Auch die angeblich nötigen „85 Gigawatt zusätzlich“ sind massiv übertrieben – Versorgungslücken lassen sich mit Speichern, Flexibilisierung, Reservekraftwerken und europäischen Strommärkten schließen, die klimaneutralen Instrumente sind längst vorhanden.
Die Energiewende ist ein Prozess – und wir sind mittendrin. Manches ist geschafft, einiges bleibt noch zu tun und zu justieren. Für ein Fazit ist es zu früh, aber klar ist: Die Erneuerbaren Energien machen uns unabhängiger, schützen das Klima und senken langfristig Kosten. Statt Milliarden für Kohle, Öl und Gas ins Ausland zu überweisen, sollten wir hier investieren – in saubere Energie, Arbeitsplätze und Wohlstand durch Zukunftstechnologien. Ein Industriemuseum bracht niemand.
Die Sachlage ist anders
Zum Leserbrief „Versorgungssicherheit statt Wunschdenken“ vom 20. September.
Der Beitrag von Herrn Bartsch erweckt den Eindruck, die Energiewende sei Wunschdenken und gefährde unsere Stromversorgung. Das Gegenteil ist der Fall: Deutschland hat mit durchschnittlich weniger als 15 Minuten Stromausfall pro Jahr eines der stabilsten Netze weltweit – trotz Atomausstiegs und Kohlerückgangs. Auch die Kostenargumentation greift zu kurz. Während fossile Energiepreise durch Kriege und Krisen explodieren können, sind Wind- und Solarstrom inzwischen die günstigsten Energiequellen. Brennstoffkosten entfallen komplett. Langfristig stabilisieren Erneuerbare also nicht nur die Preise, sondern machen uns auch unabhängiger von Importen. Die Forderung nach „Grundlastkraftwerken“ ist überholt. Unser Energiesystem der Zukunft braucht keine unflexiblen Dauerläufer, sondern flexible Lösungen: Speicher, intelligente Netze, Lastverschiebung und moderne Gaskraftwerke, die später mit Wasserstoff betrieben werden können. Länder wie Dänemark und Portugal zeigen schon heute, dass hohe Anteile erneuerbarer Energien zuverlässig funktionieren. Wer Versorgungssicherheit ernst nimmt, muss daher nicht auf Kohle und Gas setzen, sondern auf den beschleunigten Ausbau von Erneuerbaren – verbunden mit klugen Speicher und Netztechnologien. Das ist kein Wunschdenken, sondern eine realistische und notwendige Antwort auf Klimakrise und geopolitische Abhängigkeiten.
Antwort als Leserbrief vom 30. September 2025 zu den Reaktionen (nicht gedruckt):
Wunschdenken ersetzt keine Physik
Zu den Leserbriefen
„Nachplappern macht’s nicht richtiger“ von André Schreiber, Bückeburg und
„Die Sachlage ist anders“ von Kai Habel, Bückeburg. Beide vom 27. September.
Bezug zum Artikel „Reiche will bezahlbare Energiewende“ vom 16. September.
Die beiden Antworten auf meinen Beitrag „Versorgungssicherheit statt Wunschdenken“ zeigen eines sehr deutlich: Die Argumente von Stiftungen und Lobbyorganisationen folgen weniger Fakten als ideologischen Wunschvorstellungen. Wer mit Schlagworten wie „Klimakrise“, „Klimaneutral“ oder „Krieg“ arbeitet, blendet die Realität der Versorgungssicherheit bewusst aus. Fehlt nur noch der alte Spruch „Wind und Sonne schicken keine Rechnung“.
Der aktuelle Monitoringbericht zur Energiewende ist öffentlich zugänglich – wer ihn liest, findet dort sehr konkrete Zahlen. Außerdem: Im September 2024 hat eine mehrtägige Dunkelflaute das deutsche Stromsystem massiv belastet. Genau diese Situationen sind der Prüfstein für jede seriöse Energiepolitik. Smart Meter, deren flächendeckender Einsatz erst in den 2030er Jahren spürbar wirksam werden kann, sind hier keine Lösung. Die technischen Probleme beim Rollout – Interoperabilität, IT-Sicherheit, Standardisierung, fehlende Fachkräfte – sind seit Jahren bekannt. Bis dahin können Smart Meter bestenfalls beim Ablesen und Sparen helfen, aber keine Grundlast ersetzen.
Ähnlich sieht es bei Speichern aus: Großspeicher, Batteriesysteme oder BESS sind im Ausbau, leisten aber frühestens in den 2030er Jahren einen relevanten Beitrag. Wer heute behauptet, Versorgungslücken ließen sich problemlos durch „Flexibilisierung und Speicher“ schließen, argumentiert mit Zukunftsmusik, nicht mit dem Ist-Zustand.
Die Realität: Deutschland musste im ersten Halbjahr 2025 enorme Mengen Wind- und Solarstrom drosseln, weil das Netz überlastet war. Die Übertragungsnetzbetreiber schreiben im Systemstabilitätsbericht 2025 selbst, dass der Ausbau physikalisch begrenzt ist, solange das Netz nicht parallel stabilisiert wird. Gleichzeitig warnen Spitzenmanager wie der Tennet-Chef oder der Vorstand von Thyssenkrupp eindringlich vor den Folgen hoher Strompreise für Industrie und Arbeitsplätze. Das sind keine „Angstszenarien“, sondern die nüchterne Lage.
Und noch ein Blick ins Ausland: Länder wie Portugal oder Dänemark werden gerne als Vorbilder präsentiert. Verschwiegen wird, dass ihre Stromsysteme im Ernstfall massiv von europäischen Stromimporten und konventionellen Kraftwerken abhängig sind. Ein Blackout auf der iberischen Halbinsel hat jüngst gezeigt, wie anfällig die Netzstabilität trotz hoher Anteile erneuerbarer Energien bleibt.
„Wind und Sonne schicken keine Rechnung“ – dieser Satz mag plakativ klingen, ist aber Augenwischerei. Die Wahrheit ist: Der Stromkunde zahlt Milliarden für Netzausbau, für Abregelung von Überproduktion, für Subventionen und für Importstrom in Dunkelflauten. Die Rechnung kommt also sehr wohl – und zwar regelmäßig, sichtbar auf jeder Stromrechnung.
Versorgungssicherheit ist kein Randthema, sondern die Grundlage unseres Wohlstands. Wer sie mit ideologischen Schlagworten kleinredet, gefährdet Industrie, Arbeitsplätze und letztlich auch die Akzeptanz der Energiewende selbst.
Manfred Bartsch
Lauenau
Passend zum Thema:
Google KI Übersicht
29. September 2025 mit Quellenangaben und Suchergebnissen:
Der Satz „Versorgungssicherheit statt Wunschdenken“ fordert eine realistische und faktenbasierte Herangehensweise an die Energiepolitik, anstatt sich auf unrealistische Annahmen zu verlassen. Er mahnt, dass die Priorität der Energiepolitik auf der Gewährleistung einer konstanten und zuverlässigen Energieversorgung liegen sollte, anstatt auf Hoffnungen, die nicht auf technischen und wirtschaftlichen Realitäten basieren.
Was ist damit gemeint?
- Versorgungssicherheit: Dies ist die oberste Priorität, die sicherstellt, dass Energie jederzeit verfügbar ist, um den aktuellen und zukünftigen Bedarf zu decken.
- Wunschdenken: Dies bezieht sich auf das Vertrauen auf Annahmen oder Hoffnungen, die nicht durch harte Daten und Analysen gestützt werden. Im Energiekontext könnte dies bedeuten, dass man davon ausgeht, dass Märkte und CO2-Preise allein eine effiziente Energiewende garantieren, obwohl dies möglicherweise nicht ausreicht.
Warum wird dieser Satz verwendet?
- Kritik an Energiepolitik: Der Satz wird häufig in der Energiepolitik verwendet, um auf die Notwendigkeit hinzuweisen, bei der Gestaltung der Energiewende die tatsächlichen technischen Herausforderungen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
- Realismus bei der Energiewende: Er soll davor warnen, sich auf zu ambitionierte oder unausgereifte Konzepte zu verlassen, die nicht durch ausreichend Infrastruktur, Speicherkapazitäten oder Importe gestützt werden können.
- Sicherstellung der Energieversorgung: Der Satz ist ein Aufruf, das Augenmerk auf die praktische Umsetzbarkeit zu legen, damit die Versorgungssicherheit auch im Zuge der Energiewende gewährleistet bleibt.
Quellen
Energiewende braucht Realismus statt Wunschdenken
18.03.2024 — Technisch zu wenig und ökonomisch naiv. Technische Vorgaben der Bundesregierung reichten nicht, um die deutschen Klimaziele… top-energy-news.de
Versorgungssicherheit – EWI – Universität zu Köln
Versorgungssicherheit bedeutet, dass eine Versorgung mit Energie jederzeit gewährleistet ist, jetzt und in Zukunft… Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln (EWI)
Energiepolitik: Wunschdenken und Schönfärberei gefährden die Versorgungssicherheit
08.02.2023 — Das Maß ist voll! Kürzlich ist in Berlin ein Bericht der Bundesnetzagentur vorgestellt worden, dessen Ergebnis im Kern… Handwerkskammer Magdeburg
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Versorgungssicherheit statt Wunschdenken
20.09.2025 — Mit anderen Worten: Stromabschaltungen nach Bedarf. Das ist keine „intelligente Energiewende“, das ist eine zentral gesteuerte Verbrauchslenkung… BI-Windenergie
Energiepolitik braucht Realismus – nicht Wunschdenken
29.08.2025 — Klimaschutz bleibt zentral – aber er darf nicht allein im Fokus stehen. Versorgungssicherheit und bezahlbare Energie sind ebenso wichtig… RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
Energiewende: Versorgungssicherheit geht vor Wunschdenken
Im Tagesgespräch mit Phoenix spricht das FDP-Präsidiumsmitglied Hermann Otto Solms über Fragen zur Energiewende und Energiesicherheit… FDP
Energiewende in der Kritik
Wahrnehmung der deutschen Energiewende in den europäischen Nachbarstaaten hat sich seit 2021 deutlich verschlechtert… BI-Windenergie


