Energiekrise und Hellflaute

Die Angst vor der „Hellflaute“
welt.de 19.05.2025 – Von Axel Bojanowski, Chefreporter Wissenschaft
Die Deutschen lernen gerade schmerzlich, dass Strom im Zuge der „Energiewende“ nicht mehr konstant und unbemerkt da ist: Wie vor der Industrialisierung spielt das Wetter eine Rolle. In Dunkelflauten benötigen wir teuren Strom aus dem Ausland. Nun müssen wir uns an ein neues Phänomen gewöhnen.
Einer der größten Coups politischer Reklame war der Plan, die Energieversorgung Deutschlands auf Strom aus Wind und Sonne aufzubauen. Kein anderes Industrieland ohne relevantes Potenzial an natürlichen Energien wie Erdwärme oder Wasserkraft geht so weit.
Dabei listen Tabellen über die Verfügbarkeit von Wind und Sonne Deutschland jeweils in der unteren Hälfte: Deutschland ist dunkel und zudem wenig windig, jedenfalls abseits der Küsten. Ausgerechnet das drittgrößte Industrieland von schwankender Energie abhängig machen zu wollen, mutet deshalb schon auf den ersten Blick seltsam an…
WELT-Chefreporter Axel Bojanowski berichtet seit 1997 als Wissenschaftsjournalist. In seinem neuen Buch „33 erstaunliche Lichtblicke, die zeigen, warum die Welt viel besser ist, als wir denken“ erzählt er Fortschrittsgeschichten, die weithin ignoriert werden.
Aus dem Inhalt
Die Energiewende in Deutschland bringt tiefgreifende Veränderungen in der Stromversorgung mit sich. Strom steht nicht mehr jederzeit selbstverständlich zur Verfügung, sondern hängt zunehmend vom Wetter ab. In Zeiten von „Dunkelflauten“ muss Strom importiert, bei „Hellbrise“ überschüssiger Strom exportiert und dennoch vergütet werden – mit jährlichen Kosten in Milliardenhöhe für den Steuerzahler. Ein neues Phänomen, die „Hellflaute“, zeigt zudem die Verwundbarkeit windbasierter Stromerzeugung bei langanhaltendem Windmangel – ein Szenario, das sich durch den Klimawandel verschärfen könnte.
Die Energiewende beruht auf wetterabhängigen Technologien, verlangt aber parallel ein zuverlässiges Backup-System, vor allem durch neue Gaskraftwerke, die später durch teuren Wasserstoff ersetzt werden sollen. Ideen wie der Ammoniak-Import aus Afrika werfen ethische und praktische Fragen auf. Gleichzeitig fehlt es an ausreichend leistungsfähigen Stromspeichern, und Netzstabilität erfordert aufwendige Eingriffe.
Die öffentliche Diskussion fokussiert sich oft auf die günstigen Erzeugungskosten erneuerbarer Energien – verschweigt jedoch die wahren Systemkosten: die Kosten, Strom verlässlich zu jeder Zeit bereitzustellen.
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